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Gesprächsprotokoll 15.10.2015

Gedächtnisprotokoll des Telefongespräches vom 15.10.2015 mit einer Person vom Förderverein für HSP-Forschung Web: http://hsp-hilfe.de

Die nachfolgenden Informationen bitte ohne Gewähr auf sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit verstehen. Das Gespräch war ein Umriss einer Thematik, welche für medizinischen Laien schwer zu verstehen sind und im Einzelfall auf alle Fälle eine fachliche Beratung erfolgen sollte.

Thematisch ging es um unterschiedliche Therapieansätze bei genetischen Erkrankungen, speziell bei Nonsense Mutationen und des Prozesses der Medikamentenentwicklung durch Pharmazeutische Firmen und das Orphan Drug - Translarna (Wirkstoff: Ataluren).
Orphan Drugs sind Arzneimitteln gegen seltene Krankheiten.
Herr Kleinsorge hat sich ein umfangreiches Wissen über seine Erkrankung im Laufe der Zeit erarbeitet. Das Telefongespräch war sehr aufschlussreich und konnte meine ursprünglichen gestellten Fragen an ihn vollständig beantworten. Es ging bei meinen Fragen um die Wirksamkeit von Ataluren bei bestimmten Stop-Codons und derer Folgecodons.
Ausführlich beschrieben und in meiner Patientenverständlichen Krankheitsbeschreibung als Hinweislink zur Erklärung der Nonsense Mutation angefügt.
 http://hsp-hilfe.de/medikament-bei-nonsensemutation-entwicklung/
Zum Thema Einsatz von Translarna im Rahmen einer „Read Through Therapie“ - mit dem Wirkstoff Ataluren / PTC124  http://de.wikipedia.org/wiki/Ataluren
als mögliche Therapieoption ist davon derzeit auszugehen, dass kurz bis mittelfristig dieses nicht zu Verfügung steht, da die notwendigen Studien für eine Zulassung als Medikament nicht durchgeführt werden.
Die Studien, die notwendig sind um ein verordnungsbares Medikament zu erhalten, sind sicherlich notwendig um vor Nebenwirkungen zu schützen. Diese kosten sehr viel Geld und dauern ewig. Seit 2004 wird geforscht und die ersten Ergebnisse an Tieren waren positiv. Ca.30% der an Spastische Spinalparalyse (HSP) erkrankten Personen haben eine Nonsens Mutation als Ursache vorliegen. Für Muskeldystrophie Duchenne ist die Zulassung durch und für Mukoviszidose steht diese bevor. Man könnte bei einer weiteren Zulassung Phase 1 und 2 möglicherweise überspringen, da hier je entsprechend schon durchgeführte Versuche stattfanden.
Es gab bei der Duchenne Muskeldystrophie während der klinischen Erprobung einen Punkt an dem fast alles gestoppt wurde, weil die erwartenden Ergebnisse nicht erfüllt wurden.
Bei Augenerkrankungen gibt es erste Forschungsansätze.
Web: http://www.ptcbio.com/en/pipeline/ataluren-translarna/ataluren-publications/.
Die Möglichkeit einer Off-Label Benutzung (Anwendung eines Arzneimittels außerhalb der genehmigten Anwendungsgebiete)des Wirkstoffes besteht wohl auch nicht, weil auch hier die erforderlichen Studien fehlen und somit wohl kein Arzt diese Medikament verschreiben würde.
Hier werde ich aber nochmals nachhaken und versuchen Präzedenzfälle zu finden.
Es gibt etwas das helfen könnte, aber wir bekommen es nicht, dies ist gelinde gesagt unbefriedigend.
http://de.wikipedia.org/wiki/Off-Label-Use
http://www.g-ba.de/institution/themenschwerpunkte/arzneimittel/off-label-use
Eine Medikamentenentwicklung kostet sehr viel Geld. Man geht davon aus, dass die Auflagen und Bedingungen die erfüllt werden müssen, unabhängig ob Kopfschmerztablette oder Antibiotika, zwischen 800 Millionen und 1 Milliarde Dollar liegen.
Es ist davon auszugehen, dass PTC Therapeutics sich stark verschuldet hat, um das Medikament zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt auf den Markt bekommen zu haben.
Dann haben sie sicherlich Partnerschaften eingegangen die ebenso Geld kosten,
um das Produkt z.B. weltweit zu vermarkten.
Translarna wird nach Körpergewicht eingenommen und kostet derzeit für 1000mg – um die 30000 Euro.
https://www.docmorris.de/translarna-1000-mg-granulat-zherstesu/10933997
Bei einer Gesamtdosierung von 40 mg/kg/Tag würden das z.B. bei einem Kind mit 6 Jahren und 20 Kg Körpergewicht ca. 300.000 im Euro im Jahr sein.
Die Wirksamkeit ist bisher auch nicht überwältigend nachgewiesen, es ergab sich jedoch eine Verbesserung im knapp zweistelligen Prozentbereich. Das Medikament müsste auch ein Leben lang genommen werden.
Auf Seiten der Forschung wäre es sehr interessant herauszufinden, ob z.B. die Menge an Ataluren sich bei den Erkrankungen unterscheidet. Womöglich brauch man vom Distrophin mehr an Menge, wie für einen anderen Gendefekt, der nicht in allen Muskeln des Körpers vorkommt.
In jeder Zelle ist eine unterschiedliche Anzahl an Genmaterial,
je nachdem was gebraucht wird und wann. Wann Translarna für weitere Erkrankungen möglicherweise auf den Markt kommen, hängt viel vom Erfolg der aktuelle Studie ab und wie viel Kapital PTC von Partnern bekommt.
Ein weiteres Präparat was noch überhaupt nicht weiter erforscht wurde, könnte sogar eine bessere Wirkung zeigen. Amlexanox http://flexikon.doccheck.com/de/Amlexanox
In einer französischen Studie hat der Wirkstoff besser abgeschnitten wie PTC und verfolgt hierbei einen anderen Ansatz über das Nonsense-mediated mRNA Decay. Ein Ansatz der möglicherweise einen besseren Erfolg verspricht, indem das Körpereigene Schutzsystem ausgenutzt wird.
http://www.ojrd.com/content/pdf/1750-1172-7-58.pdf
Die Transkription eines Gens bei z.B. einer Deletion oder Insertion (Formen einer Punktmutation mit Leserahmenverschiebung) wird hier zum Schutz gestoppt. Dies ist grundsätzlich sehr wichtig, damit das Protein keine toxische Wirkung aufgrund der Mutation verursacht. Wenn man nun dieses Stopp Signal gezielt überspringen könnte, könnte ein benötigtes Protein dennoch gebildet werden.
Warum gibt es nichts über diesen Wirkstoff zu lesen und warum gibt es nicht mehr Studien über diesen Ansatz in medizinischen Publikationen?
Ganz einfach, das Präparat ist bisher nur in einem Studio getestet worden.
Bei einem routinemäßigen Medikamenten Screening ist man darauf gestoßen. Der Wirkstoff ist seit Jahrzehnten bekannt. Wirtschaftliche Konsequent, es wird wohl kein Patent darauf zu erhalten sein. Wer finanziert also solche teure Studien, wenn die im Falle einer Zulassung eines Medikamentes jeder dieses frei nachbauen und unter anderem Namen auf den Markt bringen könnte? Ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen wohl nicht. Welche Forschungen macht der Staat im Zusammenhang dieser Thematik? Das werde ich noch rausfinden müssen, denn ich denke genau hier wäre Verantwortung für einen Sozialstaat.

Die neueste Waffe der Gentechniker heißt CRISPR/Cas und arbeitet ähnlich wie
Zinkfingernukleasen.http://de.wikipedia.org/wiki/CRISPR/Cas-System
CRISPR/Cas arbeitet sehr genau, hat allerdings noch Schwächen.
Wichtig ist auch, dass ein durch Gentherapie modifiziertes Gen nur weiter arbeitet, wenn es sich die Zelle noch weiter teilt. Abgestorbene Sehzellen können nicht wieder hergestellt werden. CRISPR/Cas sucht im Prinzip das Gen an, findet die defekte Stelle, schneidet diese aus und tauscht aus. Genau hier liegt noch das Problem. Wie findet man die auszutauschenden Stellen? Hier arbeitet CRISPR/Cas wie die Rechtschreibkorrektur von WORD.
Suche den Text ab und finde das Wort „hängen“, ändere es dann in „tragen“. Soweit so gut,
nun findet die Korrektur das Wort abhängen und ändert es ab in abtragen. Somit haben wir wiederum ein sinnentstelltes Protein. An dieser Genauigkeit arbeiten derzeit nun die Forscher.
Der ganze Bereich Gentherapie hat auch eine politische und ethische Dimension,
da man Lebewesen hier in Ihrer Entwicklung verändern kann und das schon in der Zeugungsphase. Wann beginnt Leben? Im christlichen Glaube ab der Befruchtung der Eizelle, im Islam und Judentum ab dem 40.Tag. Das hat natürlich auch für die Forschung einen Einfluss.
Was kommt nach CRISPR/Cas, denn die Entwicklung wird sicherlich noch nicht zu Ende sein. Ich vermute in ein paar Jahrzehnten wir es keine genetischen Erkrankungen mehr geben, denn wir können diese genetisch therapieren. Das wäre toll und sicherlich ein wichtiger Schritt für die Menschheit und mir allemal lieber als Geld für Waffen zu verpulvern.